Postkarten-Prosa 11/12
Aus dem Exil


Gezeitenwechsel
Sturm fegt über den endlos langen Sandstrand und treibt nadelspitze Wolken vor sich her, bis zum nächsten Regentag.
Das ist nicht das Mittelmeer.
Wir sind nicht in jenem Ort, dessen Namen wir nicht nennen wollen.
Der kürzeste Weg zum Meer führte uns nach Westen, an die Nordsee, nach Holland.
Wochenendziel statt Jahresendziel, zu mehr hat es nicht gereicht, auch wenn keiner so recht benennen kann, woran es fehlte.
Mit fehlt es hier an jenem ungestümen Hunger, zu viele Zweifel, oder am scharfen Öl, mit dem ich im La Gritta sonst meine Pizza verfeinere. Ich verdaue in Zandvoort nicht zu epochal so unverhältnismäßig wie in Cadaques. Hier habe ich danach immer das Gefühl, da ist etwas unerledigt geblieben.

Jahreswechsel
Ab 10 Uhr morgens wird in den Niederlanden das Jahr zum Abschuss frei gegeben. Vierzehn Stunden Böller Dauerfeuer und kleinere Raketen Scharmützel strapazieren unsere Nerven, bevor es richtig los geht.
Einheimische Haustiere bleiben gelassen. Das neue Jahr kündigt mit einem infernalischen, tausendfachen Donnern an. Der Himmel steht in Flammen und wir stehen mit unseren Wunderkerzen auf verlorenen Posten.
Die Stadt hüllt sich in Pulverdampf. Gegen Eins wird die Munition knapp. Auf den Straßen brennen die leeren Papphülsen der Raketenmagazine.
Ich kann warten. Mein Pulver lagert trocken.
Für einen Sonnenaufgang über dem Meer müsste die Erde ihre Drehrichtung ändern, das tut sie nicht und so entfällt mein Weckdienst und wir schlafen durch.













    

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